Menschenkette

Am Samstag den 22.10,83 in der Früh um 7,00 befanden sich un­zählige Menschen beim Haupt­bahnhof. Sie warteten auf einen Platz in einem von den 250 Bussen zu den Kundgebungen und der Menschenkette zwischen Ulm und Stuttgart. Zwischen 7.30 und 8,00 waren dann alle untergebracht und nach und nach fuhren die Busse ab. Eine Menge von Friedensbewegten be­kam keinen Busplatz mehr und wußte entweder mit dem Zug od. dem Auto nachreisen oder sich mit der „Friedenskungebung“ auf dem Marienplatz zufrieden­geben.
Nach ca. zwei Stunden Busfahrt während der schon kräftig über das heikle Thema der Nachrüstung diskutiert wurde, war Jungingen erreicht. Die Busse parkten in einer fast endlosen Schlange entlang der alten B 10. Die Demonstran­ten begaben sich zum Kundge­bungsplatz in dem Dorf Jungingen,das beinahe von der Menschenmasse erdrückt wurde. Gegen 12,00 bereitete man sich auf die Menschenkette vor. Die, die von Jungingen aus nach Süden gingen, besorgten sich orange Friedensluft­ballons,die, die sich in Richtung Norden begaben,hatten blaue.
Um 12,30, als die Kette noch offen war, wurde eifrig in Grüppchen Musik gemacht, das heißt alle faßten sich an den Händen. Das Zusammengehörig­keitsgefühl und die gemeinsame Einstellung in Bezug auf die Nachrüstung war während der ganzen Aktion deutlich zu spü­ren. Teilweise standen die Leute ganz still da und schauten den Hubschraubern von Polizei, Bun­deswehr und Fernsehen, die ge­schäftig ihre Runden drehten, hinterher. Man hörte Sprechchöre wie „Hopp,hopp,hopp Atomraketen­stop!“ Um 13.00 stiegen, wie auf ein unsichtbares Zeichen hin alle Luftballons in die Hühe. Es war ein wunderbarer Anblick,wie die bunten Luftballons in den blauen Himmel flogen. In teil­weise fünf Reihen nebeneinander klatschten die Leute Applaus zu diesem schönen Anblick und der gelungenen Kette. Anschließend begaben sich die Massen zurück in ihre Busse, die nach Ulm und Stuttgart fuhren.Vom Busparkplatz aus dauerte der Marsch bis zum Volksfestplatz in Neu-Ulm fast drei Stunden. Viele der Demon­stranten gelangten gar nicht zur Kundgebung selbst, weil der Platz bald voll war.
Auch ich bekam nicht viel von den Reden gegen die Rüstung in Ost und West mit .Für mich war die Menschenkette das beste Ereignis. Es hatte gezeigt,daß unzählige Menschen aufgestanden sind, um sich gegen den wahnsinnigen Wettlauf der Gewalt zu wehren. Es herrschte eine tolle Atmosphäre,weil die Gemeinsam­keit gegen die Rüstung bestand. Die Hoffnung, daß man nicht über die Köpfe von hunderttausenden von Menschen im November ent­scheiden wird, war viel größer, als daß die Menschenkette ins Guinessbuch der Rekorde kommt. Katha

bote8-16

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